Kündigung | Nur in seltenen Fällen können Kunden bei der Fusion ihres Geldinstituts mit einem anderen etwa aus laufenden Krediten aussteigen. Gut begründet geht das aber durchaus.
~ Sektor im Umbruch – die Globalisierung oder auch der Wegfall der staatlichen Gewährträgerhaftung im Bereich der Landesbanken und Sparkassen zwingt Banken zu Zusammenschlüssen. Aktuell: Die Übernahme der HypoVereinsbank-Gruppe durch die italienische Bank UniCredit. Doch muss etwa jeder Kreditnehmer das einfach so hinnehmen? Grundsätzlich ja, aber es kommt sehr auf den Einzelfall an. Denn der Kunde wählt sich eine Bank seines Vertrauens aus und überlässt dieser eine Vielzahl von persönlichen und vertraulichen Daten. Alles in der Annahme, dass das Kreditinstitut diese, nicht zuletzt aufgrund des Bankgeheimnisses, soweit dieses noch besteht, nicht an Dritte weitergibt. Auch kann ein Kunde gute Gründe haben, nur mit einem bestimmten Kreditinstitut eine Geschäftsverbindung einzugehen. Konten. Einfach ist es noch, wenn der Bankkunde nach einer Fusion mit dem neuen Kreditinstitut keine geschäftlichen Verbindungen unterhalten will. Er löst einfach Giro- oder Sparkonten sowie Wertpapierdepot kurzfristig auf und überträgt diese auf eine andere Bank. Kreditverträge. Anders sieht es bei Darlehens v erträgen aus, besonders bei längerfristigen Finanzierungen: Durch das aktuell günstige Zinsniveau stellt sich die Frage, ob Kunden ohne Vorfälligkeitsentschädigung kündigen können. Zunächst gilt der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind. Ein generelles Sonderkündigungsrecht nur wegen der Fusion zweier Banken besteht daher nicht. Nur wenn der Kunde gravierende Gründe hat, kann er aussteigen. Wie zum Beispiel eine Bankkundin, über deren Fall das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden hat (9 U 143/00, siehe auch nächste Seite): Nach der Fusion ihrer Volksbank mit einer anderen kündigte sie fristlos den bisherigen Darlehensvertrag ohne Vorfälligkeitsentschädigung. Vor allem deshalb, weil ihr Ehemann am neuen Sitz der fusionierten Volksbank im Vorstand einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatergesellschaft tätig ist. Um Interessenkonflikten vorzubeugen, wollte sie gerade dort nicht ihre einzige Bankverbindung haben.
Kurze Kündigungsfrist
Trotz zugebilligtem Kündigungsrecht scheiterte die Kundin jedoch. Sie hatte elf Monate nach der Fusion verstreichen lassen. Auf der ganz sicheren Seite, so das Oberlandesgericht, wäre, wer innerhalb von zwei Wochen kündigt. Das ist die generelle Kündigungsfrist für Dienstverträge. Diese reicht aber nicht aus, um die wirtschaftlichen Interessen bei einem Darlehensverhältnis nach der Bankenfusion zu klären. Auch der Bundesgerichtshof billigt in bestimmten Einzelfällen eine Frist zur Überlegung und eigenen Ermittlungen. Bei einem Darlehen ist vor allem zu berücksichtigen, dass eine neue Finanzierung nötig ist, also neue Konditionen geprüft und ein neuer Darlehensgeber gefunden werden müssen. „Vorsichtshalber sollte eine Frist von einem Monat, nachdem man von einer endgültigen Fusion Kenntnis erlangt hat, nicht überschritten werden“, rät Rechtsanwalt Oliver Busch in München. Bei dem Zusammenschluss von Hypo Vereins bank und UniCredit ist zunächst zwar nur vorgesehen, dass UniCredit möglichst viele oder alle Aktien der Hypo Vereins bank übernimmt, so dass die UniCredit dadurch noch nicht automatisch in Vertragsverhältnisse der HypoVereinsbank mit ihren Kunden eintritt. „Es kann aber nicht entscheidend sein, wie eine Fusion rechtstechnisch gestaltet wird, sondern die Interessenlage ist ausschlaggebend“, erläutert Busch. Zudem hat UniCredit als alleiniger oder Hauptaktionär die Kontrolle über die HypoVereinsbank, bestimmt deren Geschäftspolitik und erhält Einblick in die Daten und wirtschaftlichen Verhältnisse der Kunden der HypoVereinsbank. Daher ist auch bei diesem Zusammenschluss die Interessenlage gleich wie bei einer eigentlichen Fusion. Für die Kunden können – wie im Fall des OLG Karlsruhe wichtige Gründe vorliegen, die ein Vertrauensverhältnis nicht mehr gewährleisten und eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar werden lassen. Ein Darlehensnehmer muss also ein berechtigtes privates oder geschäftliches Interesse daran haben, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gerade dem neuen Institut nicht zu offenbaren oder seine Bankgeschäfte, vor allem etwa Darlehen, bewusst auf verschiedene Kreditinstitute zu verteilen. Bei Fusionen zwischen deutschen Banken wird es im Einzelfall eher möglich sein, wichtige Gründe darzulegen.
Bankgeheimnis. Datenschutz. Neben den genannten Gründen kann die außerordentliche Kündigung auch wegen des Bankgeheimnisses und des Datenschutzes berechtigt sein. Zwar ist das Bankgeheimnis in Deutschland vor allem gegenüber der Finanzverwaltung immer weiter ausgehöhlt worden. …
Nach wie vor sind Kreditinstitute aber ihren Kunden gegenüber aufgrund des Bankgeheimnisses verpflichtet, Stillschweigen über kundenbezogene Daten und Informationen zu bewahren.
Bei einer Fusion zweier Banken ist jedoch nicht auszuschließen, dass das neue Institut Einsicht in persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse der anderen Bank erhält. Dadurch wird die Verschwiegenheitspflicht verletzt.
Löchriges Bankgeheimnis
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ist die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten so lange verboten, wie die gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind. Danach soll jeder davor bewahrt werden, dass er durch den Umgang mit personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt wird. Das Bundesdatenschutzgesetz gilt auch für nicht-öffentliche Stellen wie Banken. Nach Paragraf 28 BDSG ist zwar eine Ermittlung oder Nutzung von personenbezogenen Daten zulässig, soweit damit berechtigte Interessen der verarbeitenden Stelle oder eines Dritten gewahrt werden sollen. „Wenn das Gesetz nicht leer laufen soll, sind diese Vorschriften aber restriktiv auszulegen“, betont hm-Experte Busch. …
So muss die Übermittlung oder Nutzung von personenbezogenen Daten zur Wahrung berechtigter Interessen der verarbeitenden Stelle objektiv erforderlich sein. Erforderlich heißt, dass es objektiv keine zumutbare Alternative gibt. Die Alternative liegt aber in der Mitwirkung und Zustimmung des Betroffenen. Auch gegenüber dem Interesse der übernehmenden Bank an der Kenntnis von Daten und wirtschaftlichen Verhältnissen der Kunden der anderen Bank, gehen die schutzwirkenden Belange der Kunden dem informationellen Selbstbestimmungsrecht vor. „Übermittlung und Weitergabe von personenbezogenen Daten im Rahmen einer Fusion ist daher Erachtens ohne schriftliche Einwilligung oder ohne Widerspruchsrecht des Bankkunden unzulässig“, ist hmExperte Oliver Busch überzeugt.
Solange es zu diesem Thema noch kein Urteil des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe gibt, bleiben Kündigung und Klage nach einer Fusion riskant. Denn wie das letztlich im eigenen Fall ausgeht, hängt stark vom Einzelfall und von der Rechtsauffassung der örtlich zuständigen Gerichte ab. Im Zweifelsfall empfiehlt sich daher, Rat bei einem spezialisierten Anwalt einzuholen. Den Experten finden Sie im Internet bei der Anwaltsauskunft (unter Tätigkeitsschwerpunkt/lnteressengebiet“ auf „Banken- und Börsenrecht“ gehen). Am erfahrensten sind Anwälte, die diese Sparte als Tätigkeitsschwerpunkt haben.
Oliver Busch ist seit 1992 zugelassener Rechtsanwalt in München.
Sein Fokus liegt in den Bereichen Bank- und Börsenrecht, Kapitalanlagebetrug, Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht.
Rechtsanwalt Busch ist als Autor und Referent zu verschiedenen Themen aus dem Kapitalanlagerecht tätig.