EURO-GRUPPE: ANLAGEVERMITTLER MUSS SCHADENSERSATZ LEISTEN
Das Oberlandesgericht München hat mit Urteil vom 19.10.2005 (Az: 15 U 4342/04) einen Anlagevermittler, der einem Anleger eine Kapitalanlage in Form einer atypisch stillen Beteilligung an der Schober lmmobilienhandel AG empfohlen hatte, zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Das Gericht warf dem Anlagevermittler eine schuldhafte Verletzung von Aufklärungspflichten vor. Dieser habe gegenüber dem Anleger den Anschein erweckt, dass eine feste monatliche Verzinsung garantiert war; er habe jedoch nicht darauf hingewiesen, dass eine spätere Auszahlung des Abfindungsguthabens in Höhe des als Einlage eingesetzten Kapitals gefährdet ist, falls das Unternehmen nicht entsprechende Gewinne erwirtschaften kann.
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts sind diese Äußerungen ebenso irreführend wie die Angabe im Verkaufsprospekt der Schober lmmobilienhandel AG „Mindestverzinsung: 6 % der zur Zeit erbrachten Einlage jahresdurchschnittlieh ergebnisunabhängig vertraglich zu gesichert (anrechenbar anf höheren Gewinn)“. Dieser Verkaufsprospekt war dem Anleger ausgehändigt worden. Nach Ansicht des Gerichts kann der Beklagte dabei auch nicht darauf verweisen, dass er die Anlage selbst nicht auf Plausibilität und Richtigkeit geprüft hat. Verschweigt nämlich ein Anlagevermittler, dass eine positive Beurteilung ausschließlich auf nicht nachgeprüften Informationen über das betreffende Unternehmen beruht, handelt er nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung schuldhaft. Da die Euro-Gruppe, Würzburg, nachdem die verschiedenen Beteiligungsunternehmen, nämlich die Schober Immobilienhandel AG, die Goy AG, die Ibeka AG und die Lenz AG, Insolvenzantrag gestellt haben, zusammengebrochen ist, ist dieses Urteil besonders interessant für Anleger, die sich als atypisch stille Gesellschafter an Unternehmen der Euro-Gruppe beteiligt haben. Denn nach der Eröffnung der Insolvenzverfahren über die Beteiligungsgesellschaften sind Anleger darauf angewiesen, Anlageberater oder Anlagevermittler, die ihnen die Anlage unter Verletzung von Aufklärungspflichten empfohlen haben, auf Schadensersatz in Haftung zu nehmen, wenn sie ihre Einlagen zurückerhalten wollen.
Bei den Beteiligungen an den Unternehmen der Euro-Gruppe handelte es sich um atypisch stille Beteiligungen mit Blind-Pool-Charakter, also um komplizierte, mit hohen Risiken verbundenen Unternehmensbeteiligungen. Oft wurden Anleger nicht ordnungsgemäß über die hohen Risiken einer derartigen Anlage informiert. Da nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts auch die Angabe in dem Verkaufsprospekt hinsichtlich einer ergebnisunabhängigen Mindestverzinsung von sechs Prozent irreführend ist, besteht die Möglichkeit, dass Anleger Berater und Vermittler auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Beratungs- oder Aufklärungspflichten in Anspruch nehmen können, wenn diese Hintergründe zur Mindestverzinsung nicht ausreichend erklärt beziehungsweise richtig gestellt haben.
Oliver Busch ist seit 1992 zugelassener Rechtsanwalt in München.
Sein Fokus liegt in den Bereichen Bank- und Börsenrecht, Kapitalanlagebetrug, Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht.
Rechtsanwalt Busch ist als Autor und Referent zu verschiedenen Themen aus dem Kapitalanlagerecht tätig.