Vermeintliche Anlegerschützer haben Schiffsbeteiligungen in Schieflage als neue Einnahmequelle entdeckt. Ohnehin gebeutelte Investoren sollen ein zweites Mal zahlen.
Wie auf einem geenterten Schiff fühlen sich Investoren maritimer Investments, die derzeit unerwartete Post von ihrem Initiator erhalten: „Wir bitten Sie, die Ausschüttungen Ihrer Schifsbeteiligung für die vergangenen drei Jahre zurückzuzahlen und zur Vermeidung der Insolvenz frisches Kapital nachzuschießen.“ Dabei erholt sich der Welthandel gerade – und auch an den Schifffahrtsmärkten geht es langsam wieder aufwärts. Viele Schiffsfonds haben in der dreijährigen Krise ab 2007 so stark Schlagseite erlitten, dass sie auch eine derzeit anziehende Nachfrage auf den besonders stark gebeutelten Containermärkten nicht ohne Zuführung frischen Kapitals wieder in ruhiges Fahrwasser bringt.
Diese Verunsicherung nutzen auch mandatshungrige Rechtsanwälte mit teilweise fragwürdigen Methoden aus: Sie besorgen sich zunächst aus dem öffentlich einsehbaren Handelsregister die Daten von Schiffsfondszeichnern, die dort als Kommanditisten namentlich verzeichnet sind. Anschließend versenden die Kanzleien an sämtliche Anleger unaufgefordert Warnbriefe – mit dem Hinweis, dass ihre Beteiligung in Gefahr sei und sie sich anwaltlich beraten lassen sollten. Häufig liegt dem Schreiben schon eine Vollmacht bei, die der Adressat nur noch zu unterschreiben braucht. „So ein unaufgefordertes Angebot ist nicht nur unseriös, sondern wohl auch unzulässig“, meint der Münchner Kapitalmarktrechtsexperte Oliver Busch. Anwälte dürften nicht aktiv bei Anlegern um konkrete Mandate werben. Um dieses Verbot zu umgehen, haben findige Kanzleien einen Ausweg gefunden. Sie gründen sogenannte Anlegerschutzvereine, die zu „Informationsabenden einladen – und an die dort gesammelten Adressen anschließend Massenrundschreiben verschicken.“
Es gibt zahlreiche Fälle, in denen Vermittler auch hochbetagten Anlegern Containerschiffsbeteiligungen als sichere Altersvorsorge verkauft haben. In solchen Fällen ist es wichtig, dass Anleger sich zusammenschließen, um ihre Interessen auf Gesellschafterversammlungen bündeln zu können.
Diese können in puncto Ausschüttungsrückforderungen und Kapitalnachschusspflichten durchaus anders sein als die Absichten des Initiators. „Es ist schwer in Gesellschafterversammlungen eine ausreichende Mehrheit von Anlegern zu erreichen“, betont Busch. In dem Fall können anwaltliche Rundschreiben sogar helfen.
Oliver Busch ist seit 1992 zugelassener Rechtsanwalt in München.
Sein Fokus liegt in den Bereichen Bank- und Börsenrecht, Kapitalanlagebetrug, Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht.
Rechtsanwalt Busch ist als Autor und Referent zu verschiedenen Themen aus dem Kapitalanlagerecht tätig.