Vermögensverwaltung. Hält sich der Portfolio manager nicht an Absprachen, können geschädigte Kunden ihre Verluste einklagen.
Gut aufgehoben fühlte sich Klaus Steffens aus Berlin, als er im Jahr 2000 der BAM Berlin Asset Management GmbH mehr als 550 000 Euro anvertraute. Rund 50 000 Euro sollten die Vermögensverwalter mit „limitierten Risiken“ investieren, das übrige Geld noch sicherer anlegen.
Doch statt Gewinne aus vorsichtigen Wertpapiergeschäften setzte es Verluste. Die Berliner Asset Manager erwarben nicht – wie im Vertrag vereinbart – Anleihen und Standardaktien. Vielmehr stiegen sie verstärkt in US-Hightech-Aktien ein, auch mit dem Risiko eines Totalverlusts. Steffens: „Ich habe den Geschäftsführer mehrfach auf die ständig steigenden Verluste angesprochen. Stets wurde ich beschwichtigt, Einbußen kämen kurzfristig mal vor. Von höherem Risiko war keine Rede.“
Als sich das Depotminus im Januar 2001 auf fast 80 000 Euro summierte, zog der Ex-Personalvorstand die Notbremse und kündigte den Vertrag. Zugleich verklagte er die Berater. Mit Erfolg: Im August 2002 verurteilte das Landgericht Berlin die Vermögensmanager, den Verlust plus Zinsen zurückzuzahlen. Die BAM hat Berufung eingelegt.
Generell müssen Investoren immer wieder mit Erschrecken feststellen, dass sich die mit der Geldanlage beauftragten Gesellschaften nicht an Absprachen halten. „Die schwarzen Schafe der Branche scheren sich einen Teufel um die Interessen ihrer Klienten“, sagt der auf Kapitalanlagerecht spezialisierte Münchner Rechtsanwalt Alexander Engelhard. Da unabhängige Vermögensverwaltungen unter das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) fallen, sind sie verpflichtet, ihre Kunden vor Vertragsunterzeichnung nach Erfahrung und Risikobereitschaft zu fragen. „Legen Verwalter das Vermögen nicht nach den vertraglich fixierten Grundsätzen an, müssen sie für Verluste haften“, sagt Engelhard, der auch Steffens vertritt.
Anlagekenntnisse.Die Richter des Berliner Landgerichts sahen das genauso. Auch den Einwand der BAM, als erfahrener Unternehmensmanager hätte Steffens durchaus erkennen können, dass es sich bei den Aktien in seinem Portfolio um Risikopapiere handelt, ließen die Richter nicht gelten. Es entspreche nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, „dass Vorstände deutscher Unternehmen über besondere Kenntnisse der Wertpapieranlage verfügen“, heißt es im Urteil. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe höchstrichterlicher Entscheidungen zu Gunsten betroffener Kläger (siehe S. 167: „Kundenfreundliche Urteile“). Danach müssen Geldverwalter ihre Klienten regelmäßig über den Erfolg der Dispositionen informieren. „Erhebliche Verluste müssen sie sogar unverzüglich melden“, sagt Engelhard. Legt der Verwalter das Geld ausschließlich in festverzinslichen Wertpapieren an, genügt schon ein Minus von fünf Prozent für eine Benachrichtigung, bei Aktien ist sie bei etwa 15 Prozent fällig. Selbst wenn keine Anlagerichtlinien vereinbart sind, dürfen Finanzprofis mit Kundengeldern nicht Vabanque spielen. „Der Renditekick durch Spekulationspapiere muss kalkulierbar sein. So sollten ohne Einverständnis des Mandanten höchstens zehn Prozent der Anlagesumme in Options geschäfte investiert werden“, urteilt Engelhard
Ein anderes Ärgernis fur die Anleger heißt Churning. Dabei schichten Geldmanager die Depots immer wieder mit dem Ziel um, so viele Gebühren wie möglich herauszuschinden. Beliebter Trick: Kurz vor Veröffentlichung börsenrelevanter Bilanzzahlen kaufen Verwalter Aktien dieser Unternehmen. Fällt nach der Bekanntgabe der Kurs, ist das ein Grund, die Papiere sofort wieder zu verkaufen. Steigt dagegen die Notierung, ist die Gelegenheit günstig, weiter aufzustocken und dafür andere Titel zu veräußern. In beiden Fällen kassiert der Manager den vereinbarten Prozentsatz der Kauf- und VerkaufProvisionen.
„Es kommt vor, dass auf diese Weise ein Kundendepot mehrere Male im Jahr gedreht wird“, berichtet Dietmar Vogelsang, staatlich vereidigter Sachverständiger für Kapitalanlagen in BadHomburg. Auch bei diesen Praktiken besteht für den Assetmanager Schadenersatzpflicht. „Das Wertpapierhandelsgesetz verbietet Geschäfte, die nicht mit den Interessen des Kunden vereinbar sind“, erklärt der Göttinger Verbraucheranwalt Jürgen Machunsky.
Absprachen. Auch Provisionsabsprachen zwischen Verwalter und Depotbank verstoßen in der Regel gegen das Gesetz. Bei solchen Kick-Back-Vereinbarungen stellt die kontoführende Bank dem Anleger bei Käufen und Verkäufen die vollen Transaktionskosten in Rechnung. Der Verwalter bekommt von der Provision einen Anteil.
Der BGH verurteilte eine Bank zu Schadenersatz, weil sie einem Anleger eine derartige Vereinbarung verschwiegen hat. Wäre dem Bankkunden der Deal bekannt gewesen, hätte er mit dem Vermögensmanager keinen Vertrag abgeschlossen, lautet die Urteilsbegründung. Allerdings stehen die Chancen oft schlecht, dass die Abzockerei auffliegt. „Vielen Anlegern fehlt beim Blick auf die Kontoauszüge entsprechendes Knowhow. Meist werden die Machenschaften erst durch Gutachter entlarvt, wenn Verwalter das Vermögen ohnehin schon gegen die Wand gefahren haben“, berichtet Vogelsang aus der Praxis. Doch selbst dann sei der Gang vor Gericht eher die Ausnahme. Der Sachverständige: „Weil Banken und Verwalter um ihren Ruf fürchten, vergleichen sie sich lieber schon im Vorfeld eines Verfahrens. „
Alexander Engelhard ist seit 1991 zugelassener Anwalt.
Seine Kernkompetenzen liegen in den Bereichen Kapitalanlagerecht, Wertpapierrecht, Bank- und Börsenrecht, dem Recht der Warentermingeschäfte, im Erbrecht sowie dem internationalen Privatrecht.
Rechtsanwalt Engelhard ist darüber hinaus für verschiedenste Veröffentlichungen im Bereich des Kapitalanlagerechts verantwortlich.