HAFTUNG EINER ANLAGEBERATERIN
Das Landgericht München II hat mit Urteil vom 28.10.2005 zum AZ: 1 O 7307/04 eine Beraterin, die unserer Mandantin eine Anlage im Dreiländer-Fonds DLF 98/29 – Walter Fink KG – empfohlen hatte, zur Zahlung von Schadensersatz Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus der Beteiligung verurteilt.
Die von uns vertretene Anlegerin hatte aus einem Grundstücksverkauf einen Geldbetrag zur Verfügung und wandte sich deshalb im November 1998 an die Beklagte und bat diese um Beratung hinsichtlich einer Anlage dieses Kapitals. Daraufhin empfahl die beklagte Anlageberaterin unserer Mandantin die Anlage im Dreiländerfonds DLF 98/29. Dabei bezeichnete die Beraterin die Beteiligung am Dreiländerfonds DLF 98/29 als sichere und gute Anlage.
Das Gericht ist zunächst davon ausgegangen, dass zwischen der Klägerin und der Beklagten ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen ist. In diesem Rahmen trifft einen Anlageberater die Pflicht zu besonders differenzierter und fundierter Beratung, die anleger- und anlagegerecht sein muss.
Nach Ansicht des Landgerichts München II hat die Anlageberaterin unsere Mandantin zum Einen nicht ausreichend über die mit der Anlage verbundenen Risiken, insbesondere im Hinblick auf die hohen Verlustrisiken, die gesellschaftsrechtlichen Hintergründe, nämlich einer Kommanditbeteiligung an einer Gesellschaft, sowie etwa der Möglichkeit von Ausschüttungsschwankungen oder der mangelnden Fungibilität aufgeklärt und die Anlegerin auch nicht auf negative Pressestimmen hingewiesen.
Auch konnte die Beraterin nach Meinung des Gerichts ihre Aufklärungspflicht auch nicht durch die bloße Übergabe des Emissionsprospektes erfüllen, da sie eine eigene Prüfung, Gewichtung und Benennung der Risiken der Anlageform schuldet.
Außerdem warf das Gericht der Beklagten vor, dass sie ihre Aufklärungspflichten auch deshalb verletzt hat, da sie die Anlegerin nicht auf einen kritischen Bericht im gerlach-report im Jahre 1997 hingewiesen hat. Dieser Artikel setzte sich sowohl kritisch mit dem DLF 94/17 als auch allgemein mit den Strukturen der Dreiländerfonds und dem Initiator, Herrn Walter Fink, auseinander. Nach der Meinung des Gerichts muss ein Berater auch unabhängig davon, wie er den Inhalt des Presseartikels oder die Seriosität des Presseorgans bewertet, über eine kritische Berichterstattung bezüglich der Anlage informieren. Das Landgericht München II stellte hierzu fest, dass ein Anlageberater, der eine bestimmte negative Presseberichterstattung in einer aus seiner Sicht unseriösen Zeitschrift für nicht zutreffend erachtet, seiner Verpflichtung, den Anleger auf negative und kritische Stellungnahmen in der einschlägigen Wirtschaftspresse hinzuweisen, nur durch eine Darlegung und beurteilende Auseinandersetzung mit den in der Presse genannten Fakten und Bewertungen gerecht wird, wozu allerdings weitergehende Informationen eingeholt werden müssten.
Schließlich war die Anlageempfehlung nach Ansicht des Gerichts auch nicht anlegergerecht. Denn entgegen dem Anlageziel der Klägerin handelt es sich bei der von der Beraterin empfohlenen Anlage um eine risikobewusste Anlage. Eine derartige Anlage war für die Klägerin nicht geeignet, so dass die Beraterin auch insofern gegen ihre aus einem Anlageberatungsvertrag resultierenden Pflichten verstoßen hat.
Bei Beteiligungen an geschlossenen Fonds in Form von BGB-Gesellschaften oder Kommanditgesellschaften oder atypisch stillen Beteiligungen handelt es sich wegen der gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen, des damit verbundenen unternehmerischen Risikos und den steuerlichen Auswirkungen um eine der kompliziertesten Anlageformen. Das Gericht hat daher zutreffend festgestellt, dass ein Berater die Aufklärungspflichten nicht durch die schlichte Übergabe eines Prospektes, dessen Inhalt mit der Anlegerin nicht besprochen worden war, erfüllen kann.
Zutreffend hat das Gericht auch eine Hinweispflicht der Beraterin über negative Pressestimmen bejaht. Auch nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 18.04.2005 zum AZ: II ZR 197/04) müssen Berater oder Vermittler auf negative Presseberichterstattung, auch in Brancheninformationsdiensten wie kapital-markt intern oder dfi-gerlach report im Zusammenhang mit der Anlage hinweisen.
Nach der neueren Rechtsprechung des BGH können zwar Anleger, die eine Anlage in Form einer atypisch stillen Beteiligung abgeschlossen haben, im Rahmen eines Schadensersatzanspruches von der Gesellschaft unmittelbar ihre Einlage zurückfordern, ohne dass dem die Grundsätze über die sog. fehlerhafte Gesellschaft entgegenstehen. Bei Beteiligungen als Gesellschafter an einer BGB-Gesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft gelten aber nach Ansicht des BGH weiterhin die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft, so dass dem Anleger bei einer unzureichenden Aufklärung nach wie vor allenfalls ein außerordentliches Kündigungsrecht mit der Folge einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung zusteht. Da häufig keine nennenswerten Auseinandersetzungswerte bestehen, besteht die Gefahr, dass dies dem Anleger wenig bringt. Bei Beteiligungen an einer BGB-Gesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft ist der Anleger daher, wenn er seine Einlage zurückerhalten will, nach wie vor darauf angewiesen, entweder die Initiatoren oder den Berater auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
Oliver Busch ist seit 1992 zugelassener Rechtsanwalt in München.
Sein Fokus liegt in den Bereichen Bank- und Börsenrecht, Kapitalanlagebetrug, Arbeitsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht.
Rechtsanwalt Busch ist als Autor und Referent zu verschiedenen Themen aus dem Kapitalanlagerecht tätig.